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Dienstag, 1. August 2023

Abenteuer zwischen Staub und Steinen - Durch den Pamir

 Beim nachträglichen telefonieren waren wir alle drei der Meinung, daß es uns sehr schwer fällt, die vergangenen Wochen in Worte zu fassen ! Was für eine unglaubliche Landschaft und was für Eindrücke ! Aber ich will es mal versuchen.... Zuerst war einfach die Wiedersehens-Freude groß. Danach debattierten wir über unsere Vorstellungen. Das Einzige was von Vornherein klar war, war "Wir wollen in den Pamir". Mit Sammeltaxis ist das theoretisch möglich, aber sehr,sehr zeitaufwendig, weil es wenig Transport gibt; eine geführte Rundreise behagte uns allen nicht und so war relativ schnell klar, ein eigenes Auto wäre das Schönste. Der Manager des Hostels half uns eins zu finden. Einen Allrad-Jeep, von privat gemietet (eine Leih-Familie bekamen wir gleich dazu, aber das wußten wir da noch nicht). Nicht gerade eine günstige Variante (sowie eine, die ich sonst ja nie erlebe, da ich selbst nicht fahre), aber wahrscheinlich sind wir ja nur einmal im Leben hier. Um den Pamir bereisen zu dürfen, braucht der Tourist eine Genehmigung, die bekamen wir innert 24 Stunden auch. Also hätte es nach zwei Tagen los gehen können. Wenn  wir am zweiten Abend etwas anderes gegessen hätten - Anja und Sascha bekamen Brech-Durchfall. Und ich war schon vorher nicht mehr fit, hatte mich von der Klimaanlage im Hostel total erkältet. Also lieber noch einen Tag aussetzten - aber dann ! Raus aus der Stadt und an die afghanische Grenze. Genau dort, immer am Grenzfluss entlang, beginnt die einzige Piste in den Pamir, der Pamir Highway - eine der berühmtesten Straßen der Welt und durch einige der höchsten Berge der Welt. Und was für eine irre Welt sich da vor uns auftat. Berge, die fast senkrecht in den Himmel wuchsen, schroff, irre karg alles, sehr staubig. Nur da, wo mühevoll Bewässerungskanäle angelegt waren, war es auch mal grün und gab es kleine Siedlungen. Und was für eine Piste ! Meist ohne Asphalt,oft Steine im Weg und oft sehr schmal - aber trotzdem kamen uns Trucks entgegen - und oft ging es auf der einen Seite genauso senkrecht nach unten, wie auf der anderen nach oben... und es stiebte und staubte unglaublich.. 

Die ersten Tage hatten wir unsere Augen fast nur in Afghanistan - sehr spannend. Immer wieder tauchten kleine Lehm-Siedlungen auf, alle verbunden durch diese eine unglaubliche kleine Piste...

da war die Straße noch hervorragend...
unsere Straße

und die andere Seite....

Siedlung mit Lehmhäusern in Afghanistan


Baustelle


die Sicht tendierte am 3. Tag gen Null

durch den Wakhan Korridor, den Namen kennt man eher aus den Nachrichten

aus Wittenberg bis in den Pamir - stolze Leistung !

Minen-Warnung abseits der Straße

 Nachdem wir uns so ein paar Tage in unglaublichem Schneckentempo vorwärts gearbeitet hatten, war Zeit für einen Wander-Stopp (es blieb leider der einzige) - hinauf zum Pik Engels (äh - natürlich nicht auf den Gipfel,  sondern einen Aussichtspunkt davor... und ja, Marx steht gleich daneben :-)), da wir mittendrin den Weg verloren, erreichten wir das Ziel erst am zweiten Tag - schön war es dann da oben, und sogar grün ! Ach ja, und heiß war es ebenfalls tagsüber !


der weiße hinten ist Pik Engels, 6510 m

Danach kam ein Abschnitt, wo sich Saschas Fahrkünste mal bezahlt machten, die erste schwierigere Flussdurchquerung und sehr kurvig (und weit oben) an einer Schlucht entlang - ich musste immer auf die andere Seite starren, weil mir himmelangst wurde.... ein Typ kam dort am Fluß zu Fuss vorbei, tagelang haben wir uns gefragt, wo der eigentlich herkam und wo er wohl hin wollte. Über viele, viele Kilometer war da gar nichts !




 

Am Abend erreichten wir wie zu Belohnung für die überwundenen Hindernissse das Dörfchen Bulunkul, eine kleine Oase im Nichts. Im Gästehaus gab es sehr lecker Abendessen, am Morgen wurde die Sauna noch angeheizt, damit wir uns waschen konnten, und es gab eine unerwartete Tanz-.Einlage - es wurde nämlich eine Hochzeit vorbereitet und war Feierstimmung im Dorf. In Bulunkul wurden übrigens die niedrigsten Temperaturen von ganz Zentralasien gemessen, -63 Grad oder so.... gerade mal dreihundert Leute leben hier. Was sie im Winter tun ist mir sschleierhaft, ein englisch sprechender Fahrer von 2 dänischen Touristen meinte, na sie sitzen und warten...... inzwischen befanden wir uns auf über 3000 m und hatten permanent dünne Luft, aber wenigstens Sommer . Bulunkul hatten auf alle Fälle einen eigenen Charme.





Und dort begann dann auch das s.g." Dach der Welt" - die Pamir-Hochebene. Man ist einfach die ganze Zet so auf 3500+ m und die Berge ringsherum, die dann erst mal gar nicht so hoch aussehen, sind halt trotzdem 5-6000 m und mehr. Und die Berge waren plötzlich voller Farben. Dort hat es mir besser gefallen als davor, es wirkte alles nicht mehr so schroff und rauh, nichtsdestotrotz noch immer lebensfeindlich. Ich hatte nebenher mal alle Wörter gesammelt, die bei uns so zur Beschreibung der Berge im Laufe der Tage fielen: gewaltig, irre, unglaublich, unvorstellbar, weit, karg, rauh, einsam, dramatisch, riesig, lebensfeindlich, schroff, bizarr, leer, atemberaubend, mega, sehr still, bedrohlich, schwindelerregend... vermutlich ware es noch das eine oder andere mehr....

Und auf alle Fälle gab es dann dort oben mehr Murmeltiere als Autos und Menschen :-). Die zu beobachten, machte viel Spaß ! Von uns waren sie nicht sonderlich beeeindruckt. Marco-Polo-Schafe oder ein Schneeleopard kreuzten natürlich nicht zufällig unseren Weg... Sehr bewohnt ist es dann dort hinten kurz vor der chinesischen Grenze nicht mehr. Der größte Ort ist Murghab, dort kann man sich noch mal mit Essen eindecken. Drumherum wenige Mini-Siedlungen und hin und wieder die Behausung von Hirten. Keine Ahnung, wie mit dem spärlichen Bewuchs die Tiere satt werden.  Für uns kam die unglaublichste Übernachtung - in der sehr zerfallenne Bude des Pass-Wächters - er sorgt dafür, das Geröll von der Straße wieder verschwindet und empfängt wohl Funksprüche und leitet sie nach Murghab weiter. Ist vermutlich durch die hohen Berge schwierig. Das Haus konnte man wirklich nicht mehr so nennen. Aber er meinte, das er dort seit 5 Jahren arbeitet und lebt mit seiner Frau und den zwei kleinen Kindern und das er es mag.... wir fragten eigentlich, ob wir dort zelten dürfen - sofort wurden wir ins Haus eingeladen, es gab nur zwei Räume, es wurde zusammengepackt und wegreräumt und ein Raum für uns frei gemacht - und war erstaunlich kuschelig warm drin. Noch fix ein paar Instant-Nudeln und danach haben wir prima geschlafen. Um dann Morgens in aller Herrgottsfrühe auf dem höchsten Pass der Tour zu stehen. WOW ! Was für ein Anblick !!! Und was für eine allumfassende Stille !!!

der Container-Basar in Murhgab (ein paar waren auch geöffnet)


das "Haus" des Pass-Wächters, nur noch der Mittelteil war bewohnbar

der kleine Schrank war das einzige Möbelstück im Haus

am Ak-Baital-Pass; 4655 m hcoh

...kurz danach am Wegesrand

Von dort hinten wollten wir dann durch ein abgelegenes Tal offroad zurück zum Beginn der Strecke und damit einen Kreis schließen. Wir scheiterten ... an der Natur. Mittendrin war einfach durch einen Erdrutsch alles verschüttet und kein Weiterkommen. Aber trotzdem war dieses Stück wohl eines der besten und eindrücklichsten. Ein riesen Dank an Sascha natürlich für´s Fahren und Nerven behalten :-) !!!

da rein...

dort durch...

weiter....

weiter....

Pause.

Das war mal ein Marco-Polo-Schaf, die gibt es kaum noch

schön vorsichtig dort runter...

Mist ! Erst mal Zelt aufbauen und morgen früh schauen...

weiter....

gerade so geschafft...

Das Ende ! Nein. Da geht nur noch wenden !

und alles zurück...

Und hier durfte ich am Morgen auch mal ein Yak melken !!! Das hatte ich mir sehr gewünscht.

zum Frühstück gab es ua. lecker Yak-Jogurt !


Letztlich blieb uns nix anderes übrig, als via Pamir-Highway wieder zurück zu fahren. Auch da gab es noch den einen oder anderen lustigen Zwischenstopp - wie im Sanatorium von Jelondy mit heißen Quellen (leider war genau der Sanitär-und Spa-Bereich sehr weit entfernt von unseren Hygiene-Vorstellungen...) und auch noch mal bei Askars Mutter und Familie (von Askar hatten wir das Auto) für einen vergnügten Abend, wie auch schon auf dem Hinweg.

man baue eine große Tankstelle - um dann den Sprit dahinter aus Kanistern in die Autos zu füllen :-)))

Spregungen an der Baustelle bei der Rückfahrt, sehr unheimlich !


und noch maal die afghanische Seite

die "Freuden der Zivilisation"
Letztlich erreichten wir pünktlich Dushanbe (Anja und Sascha hatten ja auch einen  Heimflug zu erreichen...), tafelten noch einmal wunderbar und üppig bei Askar daheim, er war sicher sehr froh, sein Auto wohlbehalten zurück zu haben. Und wir waren irgendwie verbimmelt - es war merkwürdig wieder zurück zu sein, als wäre nix weiter gewesen... 

Abschiedsessen mit Askar und seiner Familie

Wie man nun schon an der Länge des Textes und der Unmenge an Bildern sieht, war das wirklich mal ein sehr aufregendes und sicher unvergessliches und sehr besonderes Erlebnis ! Danke zu Euch beiden, Anja und Sascha, dass Ihr Euch so spontan entschlossen habt, hier Euren Urlaub (wobei in diesem Zusammenhang das Wort Urlaub keinesfalls mit Erholung gleichzusetzen ist :-))) ) zu verbringen - ohne Euch hätte ich den Pamir sicher nicht gesehen... Cool war das ! Und jetzt muss das alles auch erst mal in Ruhe verarbeitet werden...

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