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Donnerstag, 11. Mai 2023

Zum usbekischen Familienbesuch

 


Und es kam mal wieder alles ganz anders, und es kam ganz besonders doof ! Aber es fing gut an – von Taschkent im Zug durch wunderschöne Berge in die ehemals prächtige und wichtige (für die Seidenstraße) Stadt Kokand, in den Bus, in einen zweiten Bus und dann war das Kaff im Fergana-Tal nahe der tadschikischen Grenze erreicht. Und gerade mal ausgestiegen und die Straßenseite gewechselt, da düste ein Taxi um die Ecke, mehrstimmig wurde mein Name gerufen – und da kam die Englisch-Lehrerin Nasiba mit zwei ihrer Schüler, um mich abzuholen. Der Buschfunk funktioniert scheinbar bestens, jemand hatte einen Tourist im Bus erspäht und diese Info wurde sofort verbreitet. Und schwuppdiwupp saß ich bei Nasiba und ihrer Familie  zu Hause, sie musste wieder in die Schule und ließ mich in Obhut ihrer ca. 80-jährigen Mutter und dem obligatorischen Tee ausruhen. Später lernte ich auch ihre 3 Söhne und ihren Mann kennen, sowie Bruder und Familie, die im Nachbarhaus wohnen. Soweit so gut. Am ersten richtigen Tag , vergangenen Mittwoch, ging ich früh mit in die Schule für 3 Stunden, damit die Schüler der Englisch-Klassen mal einem echten Ausländer Löcher in den Bauch fragen konnten und ich auch ihnen, es war ziemlich lustig. Das eine Frau meines Alters kinderlos und unverheiratet ist und das auch noch freiwillig, leuchtete allerdings niemandem ein… und dann noch ohne Religion… ohje… ratlose Gesichter. 

 

Mittags war für mich Schluß und ich erkundete ein bisschen die Gegend, ging „daheim“ Mittag essen (Suppe und Brot) und am Nachmittag half ich dem ältesten Sohn bei ein paar kleinen Bauarbeiten und dann das Gehege der Schafe zu putzen, die da im Hof aufgezogen wurden…. mit für unsere Vorstellungen dürftigem Werkzeug, vor allem mit einem Besen, ohne Stiel, einfach so zusammengebundene Halme, im rechten Winkel… und ich dachte noch „Hmmm, gar nicht gut für den Rücken…“ – die ersten ahnen, was kam – das Abendessen gab es auf einem Tischtuch am Boden… und bei Aufstehen passierte es dann, eine dumme Bewegung und der Rücken war hin. Die Bandscheiben. Nach Jahren mal wieder ! Und damit war der Besuch gelaufen und eigentlich die ganze Zeit seitdem, es tut nach wie vor sehr weh… Einfach wieder gehen konnte ich allerdings auch nicht und mutierte also vom Volontär zum Couchsurfer, wobei meine „Couch“ ein Deckenlager am Boden war. Auch das Klo war ein Loch im Boden. Gegessen wurde am Boden….. Und all dieses Hoch und Runter war für mich kaum machbar und auch am dritten Tag zeigte sich fast überhaupt keine Besserung. Nasiba und die ganze Familie waren dabei nach wie vor total gastfreundlich und verständnisvoll, insbesondere die Großmutter, mit der ich ja tagsüber alleine war und die auch diverse Gebrechen hatte. Sie borgte mir regelmäßig ihre Krücke, damit ich besser zum Hof, zu meiner Raucherinsel  und zur Toilette kam :-) und wir radebrechten fröhlich auf Russisch. Aber am 3. Tag beschloß ich, daß es so nicht weiter gehen kann und ich nun wirklich gern ein kleines bisschen mehr Komfort haben möchte, im Sinne von einfach ein richtiges Bett und eine heiße Dusche (es gab nur waschen am Eimer); plötzlich fand ich nämlich „Lokal-Kolorit“ einfach nur noch ZU anstrengend ! Am Sonntag holte mich ein Sammeltaxi an der Hausstür ab, ich ertrug die Fahrt zurück nach Kokand (sitzen geht gar nicht gut), ins Hotel, den Rucksack ließ ich mir ins Zimmer tragen und Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie glücklich frau einfach über ein Bett sein kann !

Schade, dass diese Woche nun für niemanden erfolgreich war, weder für Nasiba noch für mich. Interessant war es allemal, mal bei echten Usbeken zu Gast gewesen zu sein. Wir werden uns alle lange an dieses Erlebnis erinnern können !

 

Ich genoss mein Zimmer sehr, humpelte zwischendrin immer mal ne Runde durch die Stadt, von nur rumliegen wird auch nix besser – und fand es sogar überraschend schön. Aber da saß mir leider trotzdem ein Termin im Nacken. Ich wäre ja gern geblieben, bis es wieder gut ist. ABER – meine Aufenthaltszeit im Land, nur 30 Tage, war fast abgelaufen. Und so musste ich weiter und irgendwie bis über die Grenze. In zwei kleinen Etappen, die ganze Zeit Angst, das ich mir wieder was tue, weil ja auch der Rucksack mit musste (19,6 kg zeigte die Waage vor 4 Wochen am Flughafen). Aber ich habe es überstanden, wenn auch mit ausreichend Schmerzen, und bin gestern in Kirgistan eingereist. Und hier, gleich hinter der Grenze bleibe ich jetzt einfach erst mal bis es gut oder zumindest wesentlich besser ist. Traurig, wo da so vom Horizont die ganz großen Berge rufen. Mein nächstes Ziel ist ein Bergdorf, aber die Fahrt dauert rund 5 Stunden und das ertrage ich gerade echt nicht. Also warten und hoffen… Und hier in der Stadt Osh, gibt es einen heiligen Berg, auch UNESCO Welterbe !, und ein Besuch dort heilt angeblich Kopfschmerzen und RÜCKENLEIDEN !!! Und da geh ich nachher hin und hoch ! Also einfach so vorsichtig laufen nur mit mir und ohne Gepäck geht schon !

So, da wißt Ihr nun, wie es die letzten Tage war – doof einfach. Aber das ändert sich hoffentlich bald ! Das war ja jetzt mal ein ganz schön langer Text J

Wie unsere Heike immer sagt „Alles wird gut !“

 


Nachtrag:

 Da der Usbekistan-Teil nun leider schon zu Ende ist, müssen doch hier noch fix all die lustigen kleinen Details hin, die mir in den Wochen so ins Auge fielen. Zuallererst und am allerschönsten: Man legt hier gern die rechte Hand aufs Herz, wenn man sich für etwas bedankt. Das gefiel mir sehr, so wird dieses Wort gleich viel wichtiger und ernstgemeinter.

Das Land muss irgendeine Abmachung mit der Firma Chevrolet haben (die haben auch ein Werk hier), man sieht fast ausschließlich weiße Chevrolets rum fahren !

Die hiesigen Reisebüros versprechen Glück und Erholung nicht wie bei uns unter Palmen und am Meer. Hier werden ganz zuallererst Pilger-Reisen nach Mekka angeboten; und sonst hauptsächlich Dubai und Istanbul…

Und man muss hier sieben Mal im Leben heiraten oder so, es gibt solche Unmengen von Brautausstattern und Hochzeits-Event-Sälen; das ich mir überhaupt nicht erklären kann, wer das alles braucht… das hätte ich mal Nasiba fragen sollen, das wunderte mich wirklich die ganze Zeit.


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