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Samstag, 17. Juni 2023

Kühe, Kirgisen & Kuurdag

 


Was für prallgefüllte, ereignis- und arbeitsreiche Tage - fühlt sich schon viel länger an als eine Woche… In der Mitte von nix, an einem kleinen Teich auf dem Bauernhof, mit vielen Kühen, noch mehr Truthähnen und Schafen (nur eine Handvoll, der Rest weidet irgendwo oben in den Bergen über den Sommer) & mit kirgisischer Großfamilie in 3 Generationen. Zuallererst haben wir natürlich oft ein Kommunikationsproblem. Mein Russisch ist ja eher Rumgestottere (und kirgisisch gar nix außer Danke) und oft kenne ich halt gerade das Wort, auf das es im Moment ankäme, nicht (in welchem Sprachkurs lernt man schon all die für einen Bauernhof wichtigen Wörter) – hier bekomme ich nun gerade einen Extrem-Kurs, Englisch kann einer der drei Brüder relativ gut (er war aber die ersten Tage gar nicht da), einer ein bisschen und der, der die Hauptarbeit macht, gar nicht. Der Mitarbeiter auch nicht. Die älteren Kinder lernen englisch in der Schule, das hilft auch manchmal etwas weiter. Aber wir geben uns alle MÜHE ! So reihen wir lustig Wörter aneinander (Grammatik wird völlig überbewertet J) und ergänzen das Ganze mit Händen und Füßen  in der Hoffnung, dass der jeweils andere den Sinn erahnen kann – und es kommt mir natürlich zugute, dass ich ja schon weiß, was man mit Kühen so zu tun hat den ganzen Tag lang. So funktioniert es dann schon irgendwie und nun, nach ein paar Tagen, hab ich mir einfach meine festen Aufgaben gesucht. 




Ich war ja nun schon länger nicht auf nem Viehbetrieb, wo man früh zum melken rausmusste, hatte fast vergessen, wie lang so ein Tag dann ist...

Manchen Sachen stehe ich schier verständnislos gegenüber, weil man das bei uns so nie machen würde. Insbesondere beim Melken zuzuschauen gruselt mich öfter. Das steht schon in krassem Widerspruch zu allem, was ich bei Heiner im Schwarzwald über sachgemäßes, hygienisches Maschine-melken von Kühen gelernt hab. Ich werde auch manchmal verwundert beäugt, wenn ich mit den dicken Damen rede und ganz anders mit ihnen umgehe als hier üblich (ich finde, man braucht wirklich keine Peitsche und muss nicht die ganze Herde in Panik versetzten, nur weil man zwei Kühe davon melken will). Das betrifft nur die neue, deutsche Herde - Simmentaler Kühe, sie sind erst seit 2 Monaten hier & sicher auch oft verwundert, was die Zweibeiner so wollen, für die Tiere ist ja auch alles neu hier. Sie waren 10 Tage auf einem Transport hierher. DAS will ich mir auch nicht näher vorstellen. Eine Kuh ist unterwegs gestorben... Die zweite, russische Herde latscht sowieso einfach auf ihre Plätze, aus purer Gewohnheit.

Nebenbei verhätschle ich die kranken Kälber und die beiden Ketten-Hunde, ja zwei diesmal und auch diesmal sehr traurig zu sehen. Wir sind natürlich vom ersten Tage an Freunde. Sie sind glücklicherweise nicht aggressiv. Die Frauen würden hier normalerweise nicht bei den Kühen helfen, sie kümmern sich um die Masse der Truthähne in allen Altersgruppen, den halben Tag lang können die großen draußen rumwuseln. Und das ist echt ein großes Gewusel ! Auch ein paar Enten wackeln fröhlich durch die Gegend oder schwimmen im Teich rum. Pferde gibt es ebenfalls. Und ein paar Katzen. Und eine kleine Apfelplantage, der dieses Jahr alle Blüten erfroren sind. Außerhalb vom Hof ist es total leise wie ich gestern beim ersten Spaziergang (nach 5 Tagen J) festgestellt habe – nur Insekten, Wind, Vögel und sonst überhaupt nichts.



Besuch aus dem Dorf, deutsche Kühe angucken

die russischen Kühe :-)


die mega Aussicht gegenüber

Großmutter Rosa und Töchter und manchmal auch die Enkelinnen sind den ganzen Tag am waschen, kochen, putzen… insbesondere beim Kochen gibt man sich Mühe wie verrückt, um mir die ganze Vielfalt der kirgisischen Küche zu zeigen. Und ich versuche mir all diese Namen der Gerichte zu merken – Lagman z.B. (Nudeln mit Fleisch) oder Kuurdag (Kartoffeln mit Fleisch) oder Plov (Reis mit Fleisch) oder auch mal russischen Borschtsch (Rote-Beete-Eintopf mit Fleisch), morgen für den Sonntag wurde Beshbermag angekündigt ( und Hausmusik !), das kirgisische Nationalgericht (andere Nudeln mit Fleisch) - Besuch wird erwartet… wie man sieht, kein Land für Vegetarier hier ! Gerade wurde ein Hammel geschlachtet für das Essen morgen. Aber Salat gibt es meist auch dazu. Bloß gut… Heute gab es Plov auch zum Frühstück…. Glücklicherweise gibt es da normalerweise Kascha (einen Getreidebrei, ähnlich wie Porridge) und natürlich den ganzen Tag lang literweise Tschai/ Tee, wie überall hier.

In all dem Trubel sitzt der Großvater meist still und leise in einer schattigen Ecke und verfolgt stundenlang Schach-Turniere am Telefon J

Zu all dem so eine sympathische, fröhlich-vergnügte Stimmung – ich fühle mich sehr wohl hier, trotz so mancher Dinge mit den Tieren, die mir gar nicht gafallen. Beim Essen werden mir dann oft Löcher in der Bauch gefragt, über das Leben in Dtl./ Europa und über meine Reisen und wie das auf anderen Höfen so ist. Ich lasse mir im Gegenzug das Leben hier im Land erklären. Genau so soll es bei den Voluntärsplätzen sein, ein Kultur-Austausch und nicht einfach ne extra Arbeitskraft.  Und heute morgen hieß es nun schon, ich soll unbedingt wieder vorbei kommen, wenn ich mal wieder im Land bin - ich habe doch jetzt Freunde hier ! Aber noch bin ich ja hier … ein paar Tage noch. So, und nun mach ich mal wieder was ! Euch allen ein schönes Wochenende derweil !




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