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Montag, 8. Oktober 2018

Romantik kreuzt Realität - unser Sommer auf dem Berg






Vor schneebedeckter Bergkulisse über Blumenwiesen hüpfen, den Geissen zuschauen, während die Tannen rauschen & in der Hütte auf wundersame Weise leckerer Käse entsteht... nein, sooo blauäugig war ich nicht, aber ein bisschen wohl schon. Der ganze Sommer war eine emotionale Achterbahnfahrt - Freude an den Ziegen & dem Käse-machen (und dem Geruch im Käsekeller) und völliger Überforderung (gepaart mit Verärgerung) mit dem Arbeitspensum von 14-16 Stunden an jedem einzelnen Tag, an jedem ! Seit Juni. Was der Ziegen-Traum-Sommer werden sollte, war hauptsächlich sehr harte Arbeit, mit sehr schönen Momenten dazwischen.


Die Tage verliefen alle relativ gleichförmig, abgesehen von den Abwechslungen, die das Wetter und  die Ziegen so einbauten - diese lieferten uns den ganzen Querschnitt des Lebens - Geburten, Krankheiten, Unfall und Tod.
Für uns klingelte der Wecker gg. 5, rausquälen aus den Federn, rein in die stinkigen Stallklamotten und zum Melkstand wanken, und unter Hilfe mehrerer Tassen Kaffee die morgendliche Melkrunde absolvieren, derweil die Sonne langsam aufsteht und am Himmel emporklettert.


Und sobald das getan ist, kümmert sich einer um die Mädels und bringt sie raus ins Gelände, putzt den Stall etc. und der andere schnappt sich die Milchkannen, karrt diese bis in die Hütte zum Käsekessel und beginnt mit der Käseherstellung. Mittendrin bleibt in dem Ablauf der nächsten Stunden auch mal eine kleine Frühstückspause.


Käsepflege

im Käsekeller
Wenn der Käse dann in den Formen liegt und all der dazugehörige Abwasch und Putzkram erledigt ist, ist auch der Stall geputzt und bereits die Käse-Pflege im Keller gemacht und Zeit fürs Mittagessen, da ist es dann nämlich schon um 2/ halb 3 - und ohne weitere Vorkommnisse oder Extra-Arbeiten bleibt dann auch noch eine halbe Stunde Mittagsschlaf übrig.

Semmelknödel mit Gitzi-Ragout an selbstgezogenem Salat :-)

Danach mussten wir uns wieder mit einer gehörigen Ladung Kaffee in Schwung bringen, bevor wir aufbrachen, um die Mädels wieder heim zu bringen. Meist gelang das gut - aber an manchen Tagen hatten die Damen einfach keine Lust und es war nervenaufreibend und /oder anstrengend bis alle wieder "zu Hause" waren. Zu Beginn des Sommers fanden auch diverse Suchaktionen statt, weil Ziegen fehlten.

Und dann hieß es wieder "Melkrunde" und ggf. Tiere verarzten, und natürlich danach wieder Abgewasche und Geputze - tja und das wars dann auch schon, Arbeit fertig und Tag um, meist so gg. 21 Uhr, manchmal auch später, am Ende auch mal früher. Essen, umkippen, einschlafen - und schon klingelt der Wecker wieder und alles beginnt von vorn...
Aber dazwischen gab es auch  noch all die kleinen Momente des Kuschelns, Lachens, Quasselns, Natur bestaunens... jeder Ausflug im Tal wurde vom schrillen Pfeifen der Murmeltiere begleitet, davon hats dort reichlich und ständig wusselte eins durchs Gelände oder verharrte reglos auf einem Stein und beobachtete...
Und so zogen die Wochen und Monate dahin, immer müde, aber man gewöhnt sich doch tatsächlich an fast alles... unversehens begann die Natur sich einzufärben und es fiel der erste Schnee und der Sommer war vorbei. Ende September brachten wir die Mädels zurück ins Tal. Und dann sorgte unser Chef für ein dramatisches Ende des Ganzen, er hatte einen Unfall auf der Alp - am letzten Tag ! - und stürzte mit dem Traktor ab. Wundersamerweise hat er es mit geringem Schaden überstanden, was wir aber erst später wussten. Abgeholt hat ihn der Notarzt mit dem Helikopter. Der Schreck war erst mal groß, aber nicht viel Zeit zum Nachdenken, da unsere Damen natürlich auch dann noch versorgt sein wollten, und die standen derweil ja nun schon unten im Tal ! - so blieb ich ungeplant ein paar Tage länger um diese Situation erst mal mit zu überbrücken, Johanna war eh länger im Plan und  auch die Monika war schon 3 Wochen da, die Herbst-Mithelferin.



Nun bin ich ausgelaugt und erschöpft (sowie um einiges leichter) und brauche etwas Zeit zum Schlafen und Ausruhen, Rumgammeln, lesen ! (dazu blieb natürlich auch keine bzw. fast gar keine Zeit) und nebenbei kann ich neue Pläne schmieden.
Erstaunlicherweise wurde man gegen Ende trotz allem etwas wehmütig (aber da war ja eben auch das Ende in Sicht :-)), der Mädels wegen und all der einsamen Natur drumherum und dem simplen, einfachen Leben. Mal sehen, was ich in ein paar Wochen oder Monaten darüber denke. Die Heike meinte ja "Im Nachhinein sagst Du bestimmt, das war der Sommer Deines Lebens", Johanna erklärte "Erst bist Du froh, dass es vorbei ist & im Winter denkst Du dann, dass musst Du unbedingt wieder machen" - abwarten.... Ein Erlebnis war es auf alle Fälle (und mit mal anständig Pause wär alles bestens gewesen).

Johanna, Dir tausend Dank für alles - den Käse-Unterricht, den Extra-Schlaf und all die gute Laune & alle Nachsicht mit meinen Macken :-) ! Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder - mit viel Käse und/oder vielen Ziegen oder auch einfach so !

Und Dir Willi vielen Dank für all Deine Hilfe sowie auch allen Besuchern - Sascha, Anja, Heike, Donne, Sven, Uschi, Georg, Ruth und Willy - für die Geschenke, v.a. all die Gummibärchen :-), Fressalien & Mithilfe !
Danke für Eure Post !

So und nun - schlafen & von Ziegen träumen.

PS: Das Projekt Landwirtschaftschule ist erst mal auf Eis gelegt, falls sich jemand wundern sollte, der davon gehört hatte...

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