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Donnerstag, 29. Juni 2023

Farbenpracht

 


Es begann damit, dass ich vor Wochen auf dem Ziegenhof einen Flyer bekam.  Für das 13. "Shyrdak -Festival " in Naryn.  Da sagte mir das Wort Shyrdak noch gar nichts .  Dann war ich in Rot-Front und bei Wilhelm im Museum und da lag einer. Ein wunderschöner, farbenprächtiger Shyrdak - ein traditioneller kirgisischer  Filz Teppich. Da war ich auf Anhieb begeistert .  Dann lag noch mal wo einer im Gästehaus und da habe ich angefangen , mich ein bisschen dazu zu belesen . Im letzten Ort war ich in einer kleinen Manufaktur , wo man mit uralten Maschinen und sehr viel Handarbeit die Wolle färbt und Filzmatten herstellt, die Muster aufzeichnet und alles zuschneidet.  Zu Teppichen werden all die Einzelteile dann im Heimarbeit vernäht. Außer Teppichen macht man auch die Schmuckbänder für Jurten mit dieser Technik.  Und ich traf zwei Schweizerinnen, die hier ihren Urlaub damit verbringen, das alles zu erlernen und konnte ihnen dabei mal über die Schulter schauen. Sehr interessant ! 

Und gestern dann zum großen Shyrdak Festival.  Wow ! Was für ein Tag ! Soviel zu gucken und zu staunen.  Und nicht nur wegen all der herrlichen Teppiche, sondern auch die herausgeputzten Gäste.  Und, wie auch in Ungarn, ohne Pferde geht hier gar nix.  Das ganze folkloristische Zubehör gab es ebenfalls - Taigane  (kirgisische Windhunde), Adler, Bogenschiessen, Musik und Gesang  und traditionelles Essen natürlich.  Aber nichts zu trinken, also nichts mit Alkohol - gelegentlich  wird man so daran erinnert, dass hier hauptsächlich Muslime leben ( das fällt sonst kaum auf). 

Es gibt natürlich Unmengen von Fotos davon. Und hier eine kleine Auswahl :




















Jede Farbe ist ein einzelnes Teil und alles wird von Hand vernäht

Als Tourist von weit weg war frau als Foto-Motiv genauso interessant, wie andersherum

Und die Kleinstadt Naryn (letzte Stadt vor der chinesischen Grenze ) ist auch nett und ein bisschen skurril und verfallen, wegen der Berge rechts und links erstreckt sie sich über viele Kilometer entlang der einen Straße. Was dann blöd ist, wenn frau sich auf dem Heimweg spontan eine Wassermelone kauft, die es gerade in rauen Mengen und sehr günstig gibt - und erst danach feststellt, daß sie noch über 3 Kilometer Weg zum Gästehaus hat und die nun lange schleppen muss. ... aber das bin ich ja gewöhnt  :-) 


Morgen geht es wieder weiter, heute schau ich mich hier noch ein bisschen um und muss auch noch mal ins Hospital für die nächste Tollwut Impfung und das jemand noch mal auf mein Bein guckt, aber da ist wohl alles gut, denke ich  ...


Sonntag, 25. Juni 2023

Oben !

 



Ein cooler Tag mal wieder  ! Ja, auch Temperatur-technisch... frau brauchte schon die warmen Sachen. Bis auf 4000 m hoch - Gletscher, Adler und Yaks  ! Herrlich !





Samstag, 24. Juni 2023

Wo schon Juri Gagarin Urlaub machte...

Pik Jelzin
 Nun hatte ich tagelang diese schönen Berge vor den Augen. Und diesen einen schönen schneebedeckten Gipfel - den Pik Jelzin, sagte man mir, knapp 5200 m hoch. Und eines Tages beim Essen wurde erwähnt, dass dort in diesem Tal schon Juri Gagarin und seine Kosmonauten-Kollegen Urlaub machten. Wie auch in andern Tälern hier in der Nähe. Irgendwo giibt es auch ein Denkmal für ihn. Und so ganz nebenbei - hier in dieser Ecke, in einem dieser Bergtäler, brach im 14. Jahrhundert auch die Pest aus, die dann über die Seidenstraße bis nach Europa kam - mit den bekannteen Folgen, nämlich ca. 25 Millionen Tote. Was einem Drittel der Bevölkerung Europas entsprach, wie Wikipedia sagt. Das haben wohl Wisensschaftler herausgefunden....

Und genau dort möchte ich jetzt hin ! Näher an den Pik Jelzin (ja natürlich nach diesem russisschen Ex-Präsidenten benannt, er war auch mal hier) , in das "Tal der Blumen" und zu den "7 Bullen ". Kydyk, einer der Brüder vom Bauernhof brachte mich zurück ins nächstgrößere Dorf und von dort gab es ein Sammeltaxi, Richtung Tal der Blumen. Langsames Gerumpel über eine Schottterpiste. Schon als ich dort ausstieg, machte sich Begeisterung breit. Wald, Berge, Wiesen, Viecher, Jurten - alles ganz nach meinem Geschmack. 






  In einem kleinen Jurten-Camp checkte ich ein und bekam meine eigene Jurte. Ein paar Schritte weiter, hinter der klapperigen Bach-Brücke gab es das "Haus der Kosmonauten", dort wird es wohl gewesen sein, wo sich Juri mit seinen Kollegen von ihren Weltraum-Flügen erholten. Auf der anderen Seite führt ein Weg steil hoch, durch den Wald und zum rauschenden Wasserfall. Das einzige was es im Tal der Blumen definitiv nicht gab, sind ... genau, Blumen ! Bei all dem Getier was hier weidet, ist längst alles abgefressen. Ich schlenderte den ersten Nachmittag fröhlich durch die nähere Umgebung und beguckte, was alle anderen dort so taten - sowohl Leute mit ihren Tieren als auch andere Touristen - und erfreute mich sehr an den schönen Anblicken ringsherum. Lecker essen gab es am Abend auch, ist bei den Jurten-Übernachtungen gewöhnlich inbegriffen, weil ja abgelegen in der Natur. 

Tja, und dann kam die erste Nacht. Und weil es immer soviel Tee gibt, muss ich immer noch mal raus nachts. Und WUTSCH.... da hing mir ein Hund am Bein, also eher IM Bein. Der Schreck war größer als der Schmerz. Aufschrei meinerseits, Hund lässt los und rast davon, die Familie des Jurten-Camps kommt angerannt... große Aufregung allerseits, bei Taschenlampenlicht. Letztlich war es nun gar nicht so dramatisch, nix abgebissen, nur die Zähne reingehauen (über mögliche Infektionen sollte ich mich erst Tage später sorgen), Jod drauf, Verband drum und alle wieder ins Bett. Später wurde wohl noch der Hund verkloppt, da schlief ich längst wieder tief und fest. Es war der Ketten-Hund, der zum Camp gehörte, mit dem hatte ich am Nachmittag noch gekuschelt. Ich fragte mich eher, wie man so doof sein kann, ihn nachts laufen zu lassen, OHNE seinen Gästen etwas zu sagen - ja oder eben nicht ausgerechnet laufen lassen, wenn Gäste da sind. Der Hund hat eigentlich genau seinen Job gemacht. Naja, das scheiterte natürlich an den Kommunikationsmöglichkeiten.... Am nächsten Tag zeigte sich, dass ich wohl allergisch auf Jod reagiere und nun zwei Wunden habe, glücklicherweise war nachts der Verband verrutscht und die Wunden lagen neben- und nicht aufeinander. Naja, ist jetzt halt so und halb so wild und ändert natürlich nichts an meiner Hunde-Liebe :-) . Nach dem Frühstück losmarschiert gen Pik Jelzin. Ein wunderschöner Tag (auch wenn es doch wieder sehr an die Schweiz erinnerte), immer am Fluss entlang und immer weiter nach oben, so weit es eben ging. Mittendrin öfter anhalten und gucken, zum Berg, zu den Kühen und Pferden überall und zu meinem Bein, was immer wieder blutete. Trotz dieses Handicaps habe ich diese Wanderung sehr genossen ! Echt total schön hier !








 Am kommenden Tag,ohne weitere nächtliche Zwischenfälle im Jurtenlager, wanderte ich wieder rück- und abwärts, gen Sanatorium "Jeti Oguz/ 7 Bullen", dort gibt es ein kleines Dorf - wo es von Eseln (und Pferden) wimmelte, wie sich herausstellte. Super ! Und es ist ein beliebter Kurort der Kirgisen. Überall gibt es Kumus, diese vergorene Sturtenmilch. Hier habe ich es dann auch gewagt, mal zu kostenn. Nö, schmeckt nicht besonders. Aber auch nicht so schlecht, das man es nicht trinken mag. Soll super gesund sein. Und eben für dieses Nationalgetränk hat man hier überall so eine Unmenge von Pferden. Die Stuten bekommen einfach nur Kinder und geben Milch. Geritten wird nur auf den Hengsten. Und hinter dem Dorf stehen große rote Felsen, eben die s.g. sieben Bullen. Und eine Formation heißt "das gebrochene Herz". Ich checkte im nächsten Jurten-Camp ein, hatte WLAN und machte kurze medizinische Fernberatung zum Thema "Bein kaputt". An dieser Stelle doch mal ein Dankeschön an Sandra, Andrea und Janet, die drei beraten mich seit vielen Jahren sehr kompetent und geduldig aus der Ferne, wenn mal irgendetwas an mir nicht so funktioniert wie es soll.

 




Jedenfalls war es in diesem kleinen Kaff dann sehr nett (der Esel wegen vor allem, die latschten echt überall herum !) und schön drumherum ! Und nachdem ich herrlich ausgeschlafen hatte in meiner Jurte, bekam ich unerwartet eine Mitfahrgelegenheit bei lokalen Touristen (die hierher kommen um Unmengen von Kumus zum Einfrieren zu kaufen) und weiter ging die Tour, noch immer um den großen See Yssykul, das kirgisische Meer herum.... 

meine Eltern haben ja viel gesammelt - auch alte Zeitungen von bedeutsamen Ereignissen

zu Werbezwecken ist der Juri hier noch immer unterwegs :-)



PS. Juri Gagarin ist gerade mal 34 Jahre alt geworden und schon 1968 gestorben, habe ich in diesem Zusammenhang gelernt . Und in dieser kurzen Lebenspanne hat er es zum ersten Mensch im Weltraum und zum Held der Sowjetunion geschafft ! Er ist bei einem Übungsflug tödlich verunglückt.
 

Samstag, 17. Juni 2023

Kühe, Kirgisen & Kuurdag

 


Was für prallgefüllte, ereignis- und arbeitsreiche Tage - fühlt sich schon viel länger an als eine Woche… In der Mitte von nix, an einem kleinen Teich auf dem Bauernhof, mit vielen Kühen, noch mehr Truthähnen und Schafen (nur eine Handvoll, der Rest weidet irgendwo oben in den Bergen über den Sommer) & mit kirgisischer Großfamilie in 3 Generationen. Zuallererst haben wir natürlich oft ein Kommunikationsproblem. Mein Russisch ist ja eher Rumgestottere (und kirgisisch gar nix außer Danke) und oft kenne ich halt gerade das Wort, auf das es im Moment ankäme, nicht (in welchem Sprachkurs lernt man schon all die für einen Bauernhof wichtigen Wörter) – hier bekomme ich nun gerade einen Extrem-Kurs, Englisch kann einer der drei Brüder relativ gut (er war aber die ersten Tage gar nicht da), einer ein bisschen und der, der die Hauptarbeit macht, gar nicht. Der Mitarbeiter auch nicht. Die älteren Kinder lernen englisch in der Schule, das hilft auch manchmal etwas weiter. Aber wir geben uns alle MÜHE ! So reihen wir lustig Wörter aneinander (Grammatik wird völlig überbewertet J) und ergänzen das Ganze mit Händen und Füßen  in der Hoffnung, dass der jeweils andere den Sinn erahnen kann – und es kommt mir natürlich zugute, dass ich ja schon weiß, was man mit Kühen so zu tun hat den ganzen Tag lang. So funktioniert es dann schon irgendwie und nun, nach ein paar Tagen, hab ich mir einfach meine festen Aufgaben gesucht. 




Ich war ja nun schon länger nicht auf nem Viehbetrieb, wo man früh zum melken rausmusste, hatte fast vergessen, wie lang so ein Tag dann ist...

Manchen Sachen stehe ich schier verständnislos gegenüber, weil man das bei uns so nie machen würde. Insbesondere beim Melken zuzuschauen gruselt mich öfter. Das steht schon in krassem Widerspruch zu allem, was ich bei Heiner im Schwarzwald über sachgemäßes, hygienisches Maschine-melken von Kühen gelernt hab. Ich werde auch manchmal verwundert beäugt, wenn ich mit den dicken Damen rede und ganz anders mit ihnen umgehe als hier üblich (ich finde, man braucht wirklich keine Peitsche und muss nicht die ganze Herde in Panik versetzten, nur weil man zwei Kühe davon melken will). Das betrifft nur die neue, deutsche Herde - Simmentaler Kühe, sie sind erst seit 2 Monaten hier & sicher auch oft verwundert, was die Zweibeiner so wollen, für die Tiere ist ja auch alles neu hier. Sie waren 10 Tage auf einem Transport hierher. DAS will ich mir auch nicht näher vorstellen. Eine Kuh ist unterwegs gestorben... Die zweite, russische Herde latscht sowieso einfach auf ihre Plätze, aus purer Gewohnheit.

Nebenbei verhätschle ich die kranken Kälber und die beiden Ketten-Hunde, ja zwei diesmal und auch diesmal sehr traurig zu sehen. Wir sind natürlich vom ersten Tage an Freunde. Sie sind glücklicherweise nicht aggressiv. Die Frauen würden hier normalerweise nicht bei den Kühen helfen, sie kümmern sich um die Masse der Truthähne in allen Altersgruppen, den halben Tag lang können die großen draußen rumwuseln. Und das ist echt ein großes Gewusel ! Auch ein paar Enten wackeln fröhlich durch die Gegend oder schwimmen im Teich rum. Pferde gibt es ebenfalls. Und ein paar Katzen. Und eine kleine Apfelplantage, der dieses Jahr alle Blüten erfroren sind. Außerhalb vom Hof ist es total leise wie ich gestern beim ersten Spaziergang (nach 5 Tagen J) festgestellt habe – nur Insekten, Wind, Vögel und sonst überhaupt nichts.



Besuch aus dem Dorf, deutsche Kühe angucken

die russischen Kühe :-)


die mega Aussicht gegenüber

Großmutter Rosa und Töchter und manchmal auch die Enkelinnen sind den ganzen Tag am waschen, kochen, putzen… insbesondere beim Kochen gibt man sich Mühe wie verrückt, um mir die ganze Vielfalt der kirgisischen Küche zu zeigen. Und ich versuche mir all diese Namen der Gerichte zu merken – Lagman z.B. (Nudeln mit Fleisch) oder Kuurdag (Kartoffeln mit Fleisch) oder Plov (Reis mit Fleisch) oder auch mal russischen Borschtsch (Rote-Beete-Eintopf mit Fleisch), morgen für den Sonntag wurde Beshbermag angekündigt ( und Hausmusik !), das kirgisische Nationalgericht (andere Nudeln mit Fleisch) - Besuch wird erwartet… wie man sieht, kein Land für Vegetarier hier ! Gerade wurde ein Hammel geschlachtet für das Essen morgen. Aber Salat gibt es meist auch dazu. Bloß gut… Heute gab es Plov auch zum Frühstück…. Glücklicherweise gibt es da normalerweise Kascha (einen Getreidebrei, ähnlich wie Porridge) und natürlich den ganzen Tag lang literweise Tschai/ Tee, wie überall hier.

In all dem Trubel sitzt der Großvater meist still und leise in einer schattigen Ecke und verfolgt stundenlang Schach-Turniere am Telefon J

Zu all dem so eine sympathische, fröhlich-vergnügte Stimmung – ich fühle mich sehr wohl hier, trotz so mancher Dinge mit den Tieren, die mir gar nicht gafallen. Beim Essen werden mir dann oft Löcher in der Bauch gefragt, über das Leben in Dtl./ Europa und über meine Reisen und wie das auf anderen Höfen so ist. Ich lasse mir im Gegenzug das Leben hier im Land erklären. Genau so soll es bei den Voluntärsplätzen sein, ein Kultur-Austausch und nicht einfach ne extra Arbeitskraft.  Und heute morgen hieß es nun schon, ich soll unbedingt wieder vorbei kommen, wenn ich mal wieder im Land bin - ich habe doch jetzt Freunde hier ! Aber noch bin ich ja hier … ein paar Tage noch. So, und nun mach ich mal wieder was ! Euch allen ein schönes Wochenende derweil !